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Schwerste Welle jemals: Frau und hunderte Säuger gestorben - Angst vor Mutation und WHO will Impfung

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Von: Markus Zwigl

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Seit einiger Zeit grassiert die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln. Sie erstreckt sich über mehrere Erdteile. Zig Millionen Tiere starben bereits.
Seit einiger Zeit grassiert die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln. Sie erstreckt sich über mehrere Erdteile. Zig Millionen Tiere starben bereits. © Armin Weigel // Holger Hollemann/dpa collage

Die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle macht mittlerweile nicht nur Artenschützern Sorgen. Immer wieder sind auch Säugetiere betroffen - von Fuchs bis Robbe. Steigt so auch das Risiko für den Menschen? Ein Todesfall in China - eine 38-jährige Frau - wird ebenfalls auf die derzeit weltweit kursierende Gruppe von Vogelgrippe-Viren zurückgeführt. Wie groß ist also die Gefahr durch die Zoonose?

In den USA hat es im März ein Massensterben unter Robben im Zuge der aktuell kursierenden Vogelgrippe gegeben. In Neuengland im Nordosten der USA seien Hunderte Seehunde und Kegelrobben an H5N1 verendet, berichtet ein Forschungsteam der Tufts University in Medford (USA) im Fachjournal „Emerging Infectious Diseases“.

In Peru starben nach Angaben der Tufts University kürzlich ebenfalls etwa 3500 Seelöwen an dem Virus, Kanada meldete ein Robbensterben an der St.-Lorenz-Mündung. Zudem habe es Berichte aus Russland über ein ähnliches Ereignis bei Robben im Kaspischen Meer gegeben. Am vergangenen Montag wurde nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums das hochansteckende Vogelgrippe-Virus H5N1 erstmals bei Füchsen in Deutschland nachgewiesen.

Seit einiger Zeit grassiert die schwerste jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln. Sie erstreckt sich über mehrere Erdteile. Zig Millionen Tiere starben bereits, insbesondere Seevögel. Bekannt ist, dass die kursierende H5N1-Entwicklungslinie 2.3.4.4b auch Säugetiere wie Nerze, Füchse, Waschbären, Marder und Bären infiziert und tötet. Meist handelt es sich dabei um Einzelnachweise. Ein Säugetier kann sich anstecken, wenn es mit Exkrementen eines kranken Vogels oder mit dadurch verunreinigtem Wasser in Berührung kommt, oder wenn es einen infizierten Vogel frisst.

Immer wieder auch Nachweise in Bayern und der Region

Auch in der Region wurde in den vergangenen Wochen immer wieder die Vogelgrippe nachgewiesen: Ende Februar z.B. bei einer verendeten Möwe in Prien am Chiemsee. Es war der erste Fall bei einem Wildvogel in der Region in diesem Jahr.

In Bayern wurden in den vergangenen Monaten etliche Vogelgrippe-Fälle gemeldet. Den Anfang machten Ende Oktober zwei Tiere im Landkreis Miltenberg. Wenige Wochen später trat ein Fall im niederbayerischen Landshut auf. Auch bei einem Schwan in München wurde die Geflügelpest nachgewiesen.

Einen der größten Ausbrüche gab es im Januar in einem Nutztierbetrieb im Landkreis Schwandorf - deswegen mussten alle 70.000 Enten getötet werden. Weitere Fälle gab es in den Landkreisen Rosenheim, Wunsiedel, Landshut, Bamberg, Starnberg und Deggendorf. Wegen der Geflügelpest mussten auf einem Hof in Leutershausen (Landkreis Ansbach) ebenfalls 15.000 Puten gekeult werden.

Die Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, ist eine Infektionskrankheit, die vor allem bei Wasservögeln und anderen Vögeln vorkommt. Experten befürchten, dass sich das Virus immer mehr an Säugetiere anpasst - Mutation - und dadurch auch dem Menschen gefährlicher werden könnte.

Nicht mehr nur von Zugvögeln eingeschleppt

Die Geflügelpest wird in Deutschland inzwischen nicht mehr nur von Zugvögeln eingeschleppt, sondern hat sich den Angaben zufolge auch in den hiesigen Populationen verfestigt und tritt somit unabhängig von der Jahreszeit auf. Eine veränderte Gefahrenlage für Menschen gebe es bislang allerdings laut Experten (noch) nicht. Die zuletzt vermehrten H5N1-Nachweise bei Säugetieren müssten aber genau beobachtet werden.

H5N1 zu fast 100 Prozent tödlich

Dass H5N1 bei Wasservögeln zu fast 100 Prozent tödlich ist, ist bekannt. Eine Studie im Zusammenhang mit den gestorbenen Robben im Nordosten der USA zeige nun aber, dass dies auch für Säugetiere gelten könnte: Alle Robben, die positiv auf das Virus getestet wurden, waren zum Zeitpunkt der Probenahme bereits tot oder erlagen dem Erreger kurz darauf.

Diskutiert werde noch die Frage, ob das Virus auch zwischen Robben übertragen wird. „Es wäre nicht überraschend, wenn es zu einer Übertragung zwischen Robben kommen kann, da dies bei der niedrig pathogenen Vogelgrippe bereits so war“, sagte Studienleiter Puryear. Definitive Nachweise fehlen aber noch - für Robben und generell für eine Übertragung von Säugetier zu Säugetier.

Bislang nur ein Todesfall bei Menschen

Experten haben Sorge, dass sich das Virus immer besser an Säugetiere und damit auch den Menschen anpassen könnte. Bisher wird nur ein Todesfall in China nachweislich auf die derzeit kursierende Gruppe von Vogelgrippe-Viren zurückgeführt.

Bei der im Oktober gestorbenen Frau sei das H5N1-Virus der Gruppe 2.3.4.4b festgestellt worden, hatte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) kürzlich mitgeteilt. Sie sei 38 Jahre alt gewesen. Sie habe Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel gehabt und eine schwere Lungenentzündung entwickelt. Die Frau sei im Krankenhaus behandelt worden und gestorben. Sie soll vorerkrankt gewesen sein.

Ende Februar war eine Elfjährige in Kambodscha an Vogelgrippe gestorben. In diesem Fall sei eine andere Virusgruppe (2.3.2.1c) nachgewiesen worden. Diese zirkuliere seit ein paar Jahren in Kambodscha. Es handelte sich nach offiziellen Angaben um den ersten Todesfall im Zusammenhang mit der Krankheit in dem südostasiatischen Land seit 2014.

Übertragung von Mensch zu Mensch wohl unwahrscheinlich

Befürchtungen über eine größere Übertragung von Mensch zu Mensch hatten sich in dem Fall zunächst nicht bestätigt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war zwar auch der Vater des Mädchens positiv auf das Vogelgrippe-Virus H5N1 getestet worden, nicht aber elf weitere Kontaktpersonen des Mädchens, die teils Grippesymptome hatten. Der Vater zeigte demnach keine Krankheitsanzeichen. „Nach den bisherigen Erkenntnissen infiziert das Virus Menschen nicht leicht und die Übertragung von Mensch zu Mensch scheint ungewöhnlich zu sein“, hieß es.

Beunruhigt hatte Experten bereits ein Vogelgrippe-Ausbruch auf einer spanischen Nerzfarm im Oktober 2022. Es gebe bei den Tieren Hinweise, dass sich der Erreger genetisch besser an Säugetiere anpasst hat, hieß es. Ob es in der Farm Übertragungen von Tier zu Tier gab oder einen anderen Ansteckungsweg etwa über Futter, ist bisher weiter unklar. Übertragungen von Säugetier zu Säugetier würden ein höheres Risiko für den Menschen bedeuten.

WHO ist „besser vorbereitet als vor Covid-19“

„Die Vogelgrippe breitet sich normalerweise unter Vögeln aus, kann aber auch Menschen infizieren“, ist sich die WHO eigentlich sicher, doch, so die WHO: „Die Verbreitung dieser Viren bei Geflügel ist besorgniserregend, da diese Viren beim Menschen schwere Krankheiten verursachen können und das Potenzial haben, zu mutieren.“ Das Robert Koch-Institut warnt mit Blick auf den Menschen ebenfalls: „Wenn eine solche Infektion stattfindet, kann die Krankheit bisweilen sehr schwer verlaufen.“

Bei der Weltgesundheitsorganisation laufen schon Vorbereitungen, einen Impfstoff gegen den neuen H5N1-Stamm zu entwickeln. Lylvie Brian, Direktorin für globale Vorbereitung auf Infektionskrankheiten bei der WHO, sagt entsprechend: „Wir sind besser vorbereitet als vor Covid-19 – aber dennoch nicht gut genug.“

mz

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