Wirtschaftsprüfer schuld an BayernLB-Debakel?

München - Nach dem Milliardendesaster bei der BayernLB durch den Fehlkauf der Hypo Alpe Adria, geraten bei der Suche nach den Schuldigen für zunehmend die Wirtschaftsprüfer ins Visier.
Nach dem ehemaligen Bankchef Werner Schmidt versucht jetzt auch die CSU, den Prüfern den Schwarzen Peter für den Finanzskandal zuzuschieben. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte an, möglicherweise sogar juristisch gegen sie vorzugehen. Viel Erfolg dürfte er damit aber nicht haben. Selbst wenn sie schlampig gearbeitet hätten, wäre ihre Haftung in Deutschland gesetzlich auf einige Millionen Euro beschränkt.
Haftung für Wirtschaftsprüfer beschränkt
Angesichts des Schadens von 3,7 Milliarden Euro für Bayern durch den Fehlkauf der österreichischen Tochter Hypo Alpe Adria (HGAA) wäre dies ein Tropfen auf den heißen Stein. Warum das Gesetz die Wirtschaftsprüfer trotz wiederkehrender Bilanz-Skandale wie im Fall Flowtex oder bei dem Telematik- Unternehmen Comroad, das seinen Umsatz fast komplett erfunden hatte, so behutsam behandelt, ist Experten ein Rätsel. “Jeder normale Mensch muss in vollem Umfang haften, nur die Wirtschaftsprüfer nicht“, kritisiert Professor Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt- Universität in Berlin. “Das ist ein Webfehler im Gesetz.“ Laut deutschem Handelsgesetzbuch ist die Haftung bei fahrlässigem Handeln der Wirtschaftsprüfer auf vier Millionen Euro für börsennotierte Unternehmen beschränkt, bei nicht-börsennotierten Unternehmen ist es nur eine Million. Auch diese Summe würden die Wirtschaftsprüfer aber nicht aus eigener Tasche zahlen, sondern sie an die Versicherung weiterreichen.
Finanzkrise: Diese Banken hat es am meisten getroffen
Aufgabe der Wirtschaftsprüfer ist vor allem, die Buchführung der Firmen unter die Lupe zu nehmen. Wenn sie nach sorgfältiger Prüfung keinen Grund zu Beanstandungen sehen, setzen sie ihren Bestätigungsvermerk unter den Jahresabschluss. Gerade bei börsennotierten Unternehmen ist dieser Vermerk ein wichtiger Hinweis an die Aktionäre, der ihnen signalisiert: Bei Eurem Unternehmen ist alles in Ordnung. Auch die HGAA hat den Vermerk stets bekommen - von der Prüfungsgesellschaft Deloitte, die neben KPMG, Ernst & Young und Pricewaterhousecoopers zu den Branchenriesen gehört. Dort sieht man bis heute keinen Hinweis auf ein Fehlverhalten. “Im Moment sehen wir keine Schuld“, sagte ein Sprecher von Deloitte in Österreich. Die Bilanzen seien ordnungsgemäß geprüft worden. Die österreichische Nationalbank hatte bei der HGAA allerdings schon im Sommer 2007 auf eine ganze Reihe Unregelmäßigkeiten hingewiesen.
Trotzdem kaufte die BayernLB die HGAA damals für 1,7 Milliarden Euro und butterte dann noch einmal mehr als 1,1 Milliarden Euro hinein. Seit Monaten streiten Politiker und Manager darum, wer für diese Fehlentscheidung verantwortlich ist. Für die Prüfung des Kaufs war die Gesellschaft Ernst & Young zuständig. Die hoch bezahlten Experten mussten allerding im streng geheimen Datenraum, in dem alle relevanten Unterlagen für die Bewertung der HGAA ausliegen sollten, unter erschwerten Umständen arbeiten. Das stellten sie auch unmissverständlich in ihrem Bericht zu dem Milliardendeal klar: “Wir weisen eindringlich darauf hin, dass zwischen der ersten und zweiten Datenraumphase eine Vielzahl von Ordnern ausgetauscht wurden“, schrieben sie. Außerdem hätten sie für die Prüfung nur 15 Tage Zeit gehabt, was für eine Transaktion dieser Größenordnung nicht sachgerecht sei. “Abschließend möchten wir noch auf das hohe Maß an unzureichenden Informationen in den Bereichen Steuern, Immobilien und Personal hinweisen.“
dapd